Letztens wurde ich von einer Freundin gebeten, ihr zu helfen, da ihr Laptop kein Bild mehr anzeigen würde. Sie müsste dringend die Daten auf dem Gerät sichern, da ihre Doktorarbeit sich darauf befindet.
Offensichtlich war an dem Laptop entweder der Bildschirm oder die Grafikkarte defekt. Nach kurzem Überlegen fiel mir folgende Möglichkeit ein: Linux Live-CD booten und über SSH (Secure Shell) die notwendigen Zugriffe und Kopieraktionen über das Netzwerk fernsteuern.
Als Problem stellte sich heraus, eine Live-CD zu finden, die nur in eine Kommandozeilenumgebung bootet und auch gleich einen SSH-Server startet. Eine Möglichkeit wäre das Remastern einer bestehenden Live-CD oder einer bestehenden Linux-Installation. Allerdings fehlten mir dafür sowohl die Kenntnisse als auch die Lust sehr viel Zeit damit zu verbraten.
Letztenendes fand ich die Lösung für mein Problem bei Debian Live. Dort gibt es ein Online-Tool zum individuellen Zusammenstellen von Live-CDs.
Mit diesem Tool habe ich mir dann eine minimale Debian-Live-CD zusammengeklickt (minimaler Distributionsumfang, keine grafische Oberfläche, SSH-Server installiert, kein Debian-Installer zum installieren von Debian-Linux auf die Festplatte, …). Man muss dort eine E-Mailadresse hinterlegen, da das Generieren der Live-CD etwas Zeit in Anspruch nimmt. Nach 5-20 Minuten (manchmal dauerts länger), bekommt man dann eine Email mit einem Link unter dem sich dann das ISO-Image für die individuelle Live-CD herunterladen lässt.
Zum Testen habe ich das Image erst einmal in einer virtuellen Maschine gebootet um zu sehen, wie ich weiter vorgehen muss. Und das war gut so. Denn hätte ich das Image direkt auf CD gebrannt oder auf einen USB-Stick kopiert (Unetbootin ist hierfür mein Tool der Wahl) und losgelegt, hätte ich mich wohl gewundert, warum das nicht so funktioniert wie ich es mir vorstelle. Man muss nämlich einmal Enter drücken nachdem das System von der CD gestartet ist um zu bestätigen, dass man das Live-System so booten möchte.
Damit die folgenden Schritte funktionieren, ist es erforderlich, dass der betroffene Rechner  über ein Kabel an ein vorhandenes Netzwerk (idealerweise mit Internetverbindung) angeschlossen ist, in dem ein DHCP-Server für die automatische Vergabe von IP-Adressen übernimmt. Glücklicherweise ist das inzwischen die Standardeinstellung der allermeisten Router und erfordert keine großartigen technischen Spagate. Dann lässt man (nach dem drücken der Enter-Taste um den Live-CD Boot zu starten) dem Rechner einige Minuten Zeit um die Live-CD zu starten.
Währenddessen kann man auf einem zweiten (ebenfalls mit dem Netzwerk verbundenen) Rechner schon einmal Putty installieren. Das ist ein Windows-Programm zum Zugriff auf andere Rechner über Telnet und auch SSH. Letzteres benötigen wir. Putty gibt es auch als portable Anwendung, die keine Installation auf dem Rechner benötigt und beispielsweise direkt von einem USB-Stick gestartet werden kann.
Nun gilt es herauszufinden, welche IP-Adresse der defekte Rechner vom DHCP-Server zugewiesen bekommen hat. Dies funktioniert entweder über den Router (in vielen Modellen kann eine Liste der, über DHCP aktuell verteilten, IP-Adressen eingesehen werden) oder über ein kleines Tool, dass ganze IP-Bereiche abarbeiten kann. Hierfür eignet sich das ebenfalls portable Tool Angry IP Scanner.Â
Man muss nun den richtigen Rechner finden. Hier heisst es Ausprobieren. Dazu trägt man in Putty nacheinander die mit einem grünen Punkt markierten aktiven IP-Adressen bei „Host Name“ ein und klickt auf „Open“.Â
Wenn man die richtige IP-Adresse gefunden hat begrüsst einen Putty mit folgendem Bildschirm:
Eingegeben werden müssen hier der Benutzername des Live-CD-Benutzers. Dieser ist schlicht „user“. Danach kommt eine Passwortabfrage bei der man „live“ (jeweils ohne die Anführungszeichen) einträgt. Wichtig: Bei unixoiden Betriebssystemen werden keine Passwortsternchen angezeigt. Also einfach fröhlich drauf los tippen und mit der Enter-Taste bestätigen. Wenn alles korrekt gelaufen ist, begrüßt einen das Debian-Live-System auf dem betroffenen Rechner:
Die folgenden Schritte werde ich dann im nächsten Blogpost veröffentlichen, damit dieser hier nicht zu lang wird.